Pondicherry – Essen wie Gott in Frankreich

Wer nach Pondicherry kommt, läuft Gefahr, bei seiner Abreise das ein oder andere Speckröllchen mehr auf den Hüften zu haben. Denn in der ehemaligen französischen Kolonialenklave am Golf von Bengalen warten nicht nur Dutzende hervorragender Lokale auf hungrige Gourmets, sondern ein ganz besonderer Gaumenschmaus.

Die französischen Kolonialherren sind zwar schon lange abmarschiert aus Puducherry, wie die Stadt heute offiziell heißt, doch ihre für Raffinesse und Geschmack bekannte Küche ist geblieben in der ehemaligen Hauptstadt Französisch-Indiens. Nirgendwo sonst in Indien findet man so viele Restaurants und Cafés, die sich übertreffen in der Zubereitung typischer französischer Fleischgerichte wie Coq au Vin und Steak au Poivre, von Bistro-Klassikern wie Steak Frites, Salat Niçoise, Quiche und Croque Monsieur und feiner Desserts wie Crêpe Suzette und Crème caramel. An jeder Ecke der „Ville Blanche“, dem französischen Viertel von Pondicherry, finden sich Lokale mit französischen Namen wie Café des Arts, La Terrasse, Le Rendezvous, Qualithé, Madame Shanté oder La Maison Rose und mit Speisekarten, die einem schon bei der Lektüre das Wasser im Mund zusammen laufen lassen.

Boulangerien wie am Montmarte

Dazu kommen kleine Bäckereien, durch die der Duft von frisch gebackenen Croissants, Brioche und Baguette zieht und in deren Auslagen man kunstvoll verzierte Patisserie bewundern kann, wie ich sie zuletzt in einer Boulangerie am Montmartre in Paris gesehen habe. In der Bäckerei mit dem passenden Namen Baker Street trifft man morgens ab 7.30 Uhr nicht nur auf französische Expatriats mit ihren Einkaufstaschen, sondern auch auf junge Frauen in Sari oder Salwar Khameez und Männer im traditionellen Longhi. Auch viele der Inder in Pondicherry geben offenbar knusprigen Baguettes und einem Chocolatine zum Frühstück dem Vorzug gegenüber Idli mit Kokosnuss-Chutney oder Masala Dosa.

Pondicherry_CroissantsWährend der drei Tage, die wir im Rahmen unseres #YouWanderWePay-Abenteuers in Pondy verbringen, wie die Stadt gerne von den Indern abgekürzt wird, machen wir uns auf eine kulinarische Entdeckungsreise. Wir wollen vor allem herausfinden, ob die französische Enklave in Tamil Nadu eine echte Fusion-Küche hat wie man sie zum Beispiel aus den Südstaaten der USA kennt.

Bei einem Blick auf die Speisekarten der Restaurants und Cafés stellen wir schnell fest: Die meisten Lokale sind sogenannte „Multi Cuisine Restaurants“. Neben französischer Küche stehen weitere europäische Gerichte auf der Karte sowie indische und chinesische Klassiker, so beispielsweise bei Madame Shanti. Zwar ist die Dachterrasse des Lokals in der Rue Romain Rolland ganz hübsch und die Pasta Marinara und die Meeresfrüchte-Platte werden im Reiseführer hoch gelobt, doch irgendwie sind wir nicht so recht überzeugt. Uns ist nicht nach Schnitzel mit Kartoffelpüree und Möhren, das wir in der Rubrik „European Specialities“ finden. Indische Gerichte wie Paneer Butter Masala, Dhal Makhani, Aloo Gobi und Garlic Naan hatten wir auf unserer Reise bisher fast jeden Tag. Und für Chow Mein, gebratene chinesische Nudeln, die man in Indien an jeder Ecke bekommt, sind wir auch nicht nach Pondicherry gekommen.

Rindersteak im Garten von La Maison Rose, dazu ein kühles Kingfisher

Wir klappen die Speisekarte wieder zu und ziehen ein paar Häuser weiter zum Haus der Rosen, La Maison Rose. Wir hatten schon am Nachmittag einen Blick durch das Tor in das hübsche Gartenlokal geworfen. Und auf die Karte. Für Aminata, mein „Co-Wander“ kommt nur ein Gericht in Frage: Rindersteak. Zwar kommen ähnlich wie bei unserem Burger im Hard Rock Café in Bangalore kurzzeitig Gewissensbisse auf – Rind in Indien, grenzt das nicht an Frevel? – doch der französische Küchenchef nimmt die letzten Zweifel. Bleibt nur noch die Frage ob durchgebraten, Medium oder gar Medium Rare. Nicht, dass wir uns noch den Magen verderben. Keine Sorge, wir können unbedenklich Medium wählen, versichert man uns. Wir haben es nicht bereut. Nicht nur das saftige Steak mit selbst gemachter Knoblauchbutter ist hervorragend, auch die Beilagen, im Ofen gebackene Kartoffelstücke und gegrillte Tomaten sind exzellent. Dazu ein kühles Bier und wir fühlen uns wie Gott in Frankreich. Es schmeckt phantastisch und tatsächlich wie in Frankreich, so Aminata. Sie muss es wissen – als echte Pariserin.

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Französische Gerichte mit indischem Touch in der Villa Shanti

Am liebsten wären wir am nächsten Abend wieder hergekommen, doch es gibt noch viel zu viel auszuprobieren in Pondicherry. Zum Beispiel das „Villa Shanti“. Das Restaurant, das in dem Innenhof eines wunderschön restaurierten Kolonialgebäudes aus dem 19. Jahrhundert untergebracht ist, ist uns ebenfalls bei unserem Spaziergang tagsüber aufgefallen. Das, was auf der Speisekarte steht, klingt schon eher nach „Fusion Food“, sowohl die Vorspeisen als auch die vegetarischen und nicht-vegetarischen Hauptgerichte und die Fischgerichte. Die Qual der Wahl ist groß: Vegetarische Bratling mit Spinatsoße, Muskatnuss und Ingwer oder Zucchini-Walnuss-Crêpes? Oder überbackener Paneer mit buntem Pfeffer und Erbsen? Überbacken hatte ich den unfermentierten Käse noch nie gegessen.

Auch die Fleischgerichte in der „Villa Shanti“ klingen verlockend: Nisha Murgi, Hühnchenbrust gefüllt mit Granatapfelkernen, Cashewnüssen und Rosinen? Wenn da nicht die Rosinen wären … Doch lieber das Hühnchen in Orangen-Weißweinsauce mit Ingwer? Auch die Salate klingen toll. Spinat-Apfelsalat mit Mandeln, Sesam und Ingwer-Honig-Dressing, Grüner Salat mit Betelblättern, Feigen, Parmesan und Tomaten. Leider wieder mit Rosinen.

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Pondicherry_VillaShanti_DrinkMenueIch entscheide mich für Fisch, schließlich sind wir am Meer. Eine gute Wahl, mein „Tawa Fried Fish“, bestätigt der Kellner, ein zarter, weißer Fisch in einer Kruste aus Koriander, Curryblättern und Dhal, dazu Zitronenreis und eine Tomaten-Koriander-Soße. Lecker! Und eine interessante Kombination, französische Gerichte mit indischen Gewürzen und exotischen Zutaten. Uns hat es hier so gut gefallen, dass wir am nächsten Tag am späten Nachmittag auf einen kleinen Snack wiederkommen, Hühnchen aus dem Tandoori-Ofen und Samosas mit Käse gefüllt – letztere mit dem geschmolzenen Käse schmecken „très français“, wie wir befinden. Auf die obligatorische, französische Käseplatte verzichten wir, dafür gönne ich mir noch einen Nachtisch. Von meiner Crème Caramel war ich jedoch enttäuscht, insgesamt etwas fad, die Kruste labberig. Vielleicht bleibe ich in Indien doch lieber bei meinem Lieblingsdessert Gulab Jamun. Oder ich versuche es beim nächsten mal mit Crêpes.

Die Café-Szene in Pondicherry, wie in Frankreich

Die besten Crêpes habe ich im Café des Arts in der Suffren Street und im Artika in der La Bourdonnais Street gegessen, ganz simpel mit Limettensaft und Zucker, eine Wonne und eine ideale Kombination zu meinem Müsli mit Joghurt und Frischen Früchten, das ich nach Tagen der Abstinenz unbedingt mal essen musste. Zwar nicht wirklich französisch und auch kein Fusion Food, aber egal. Beide Cafés könnte man übrigens nicht nur von ihrer Speisekarte – es gibt hier alle möglichen Sorten von Crêpes, Croque Monsieur, belgische Waffeln und köstliche Kaffeespezialitäten. Beide Lokale könnten abgesehen von ihren Speisekarten auch in Europa zu finden sein. Das Café des Arts ist in einem Gebäude von 1880 untergebracht. Ich könnte den ganzen Tag hier verbringen, sei es im Garten oder in dem mit Kolonialmöbeln wie ein Wohnzimmer eingerichteten Innenraum. Ein ähnliches Ambiente findet man auch im Artika, an das zudem eine kleine Galerie angeschlossen ist.

 

Pondicherry_CafeDesArts_Painting

Pondicherry_CafeDesArts_Interieur

Pondicherry_CafeDesArts_Breakfast

 

Pondicherry_ArtikaCafe_Design

Fazit – Hervorragende französische Küche, echtes „Fusion Food“ eher selten

Glücklicherweise bekomme ich die Knöpfe meiner Hosen auch nach drei Tagen Pondicherry mit diversen Croissants, Crêpes, Baguette-Sandwiches und den beschriebenen Abendessen noch zu. Leider war die Zeit zu kurz, um uns durch alle Spezialitäten zu probieren, für die Pondicherry bekannt ist und die eine Mischung zwischen tamilischer und keralischer Küche sind. Dazu gehört beispielsweise Kokusnuss-Curry, Gefüllter Kohl und Dosa aus Sojamehl. In den Genuss von Gerichten mit Kokosnuss werden wir noch in Kerala kommen, dort wird fast alles damit zubereitet. Die Frage „Pondicherry – der Ort für Fusion Food?“ würde ich eher mit nein beantworten. Zwar konnten wir nur eine Handvoll Lokale ausprobieren, doch bis auf die Villa Shanti haben die meisten Lokale eher eine dreigeteilte Speisekarte – französisch/europäisch, indisch und chinesisch – oder sind ganz auf französische oder indische Küche spezialisiert. Dennoch ein kulinarisches Paradies, ich komme bestimmt wieder!

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