Alexandra Lattek ist mit India Someday durch Kerala gereist. Dabei hat sie anschauliche Blogartikel geschrieben, um euch ihre Leidenschaft für Kerala näher zu bringen. Lest im Folgenden ihren Bericht des Highlights ihrer Reise nach Kerala: Kochi. Was für ganz Indien Mumbai ist, ist für Kerala Kochi – eine “Multi-Kulti-City” (wie Alexandra es nennt). Schaut euch auch an, wie Alexandra über die Backwaters von Kerala berichtet.

Ich schaffe es tatsächlich, unversehrt von Kottayam nach Kochi zu kommen. Obwohl der Linienbus die 70 Kilometer in einem rasanten Tempo zurücklegt, fühlt sich die Fahrt wie eine halbe Ewigkeit an. Das liegt sicherlich daran, dass der Fahrer an jeder Milchkanne hält und immer mehr Fahrgäste in den ohnehin schon überfüllten Bus drängen. Ich habe am Busbahnhof in Kottayam mit Mühe und Not noch einen Sitzplatz ergattert. Von meinem großen Rucksack muss ich mich kurzzeitig trennen. Er bekommt einen sicheren Platz beim Fahrer, wo er gut beschützt ist. Nicht nur durch die Absperrung und den Fahrkartenkontrolleur, der immer wieder ein Auge auf mein Gepäck wirft.

Auch der liebe Gott wacht über mein Gepäck. Dort, wo in Indien in Autos, Rikschas und Bussen üblicherweise Figuren und Bilder von Shiva, Krishna und Ganesha für eine sichere Fahrt sorgen, hängt ein Jesusbild. Umringt von Heiligenbildern und einer Kette aus Ringelblumenblüten, als Ersatz für einen Rosenkranz.

kerala kochi, busfahrt Neben dem Fahrer ist für Gepäck, Kinder und Einkäufe immer noch Platz. Foto: Alexandra Lattek

Christliche Kirchen, jüdische Synagogen und chinesische Fischernetze

Solche Symbole der abendländischen Kultur sollte ich in den kommenden Tagen häufiger finden. In Kerala gehören fast zwanzig Prozent der Bevölkerung dem Christentum an. Bummelt man durch Fort Kochi, den Nordteil der kleinen Halbinsel, auf der sich die Hauptsehenswürdigkeiten von Kochi in Kerala befinden, fallen einem als erstes die vielen Kirchen und Basiliken auf. Die St. Francis Church, die St. Cruz Basilika und kleine, farbenfrohe Kirchen wie die Little Flower of Jesus und die Holy Cross, die ich durch Zufall bei einem Spaziergang von Fort Kochi nach Mattancherry entdecke. Die 1503 erbaute St. Francis Church ist übrigens die älteste christliche Kirche auf indischem Boden. Sie beherbergte lange Zeit die Überreste des großen Seefahrers Vasco da Gama, bevor diese nach Lissabon überführt wurden.

Die Kirchen sind nur ein Ausdruck des kolonialen Erbes dieser malerischen Stadt an der Malabarküste, die 1341 gegründet wurde und seit 1500 bis zur Unabhängigkeit Indiens zunächst unter portugiesischer Herrschaft, später unter holländischem und schließlich unter britischem Einfluss stand. Schilder weisen auf einen holländischen Friedhof und einen holländischen Palast hin. Ich flaniere vorbei an portugiesischen Mansions, an holländischen Cottages, die an kleine Bauernhäuser erinnern, vorbei an kleinen, verwinkelten Fachwerkhäusern, die man auch in einem Dorf in England finden würde. Prince Street, Burger Street, Bastian Street, Rose Lane, Church Lane – die Namen der engen Straßen und Gassen im touristischen Teil Fort Kochis sind ebenso wenig indisch wie der alte Exerzierplatz, auf dem die Regimenter der britischen Besatzer früher ihre Militärparaden abhielten und auf dem heute Nachwuchskicker nach der Schule Fußball spielen.

Das einzige, was mich daran erinnern lässt, dass ich in Indien bin, ist der unvermeidliche Ruf der Händler: „ Come into my shop!“. Und der Ruf der Rikscha Wallahs: „Yes Ma’am, Rikscha please.“ Das ist es, was den indischen Charme in die kleine Stadt in Kerala Kochi miteinbringt. Fort Kochi ist klein und ich begegne jeden Tag den selben Rikschafahrern. Sie versuchen ihr Glück immer wieder aufs Neue. Und können es bis zum Ende nicht verstehen, das ich lieber zu Fuß gehe.

kerala kochi, kinder Die Kinder auf dem Bolzplatz versuchen mich mit ihren Kletterkünsten zu beeindrucken sobald ich stehen bleibe und ihnen zusehe. Foto: Alexandra Lattek

Ja, ohne Zweifel ist das multikulturelle Zentrum von Kerala Kochi. Das war die Stadt schon seit jeher. Aufgrund der strategisch günstigen Lage haben sich nicht nur die Portugiesen, Holländer und Briten diesen Ort als Handelsstützpunkt ausgesucht. Im 13. Jahrhundert hat Kublai Khan, der Enkel Dschingis Khans, in seiner Funktion als Kaiser von China Kaufleute nach Kochi geschickt, um einen Handel mit Gewürzen und Seide aufzubauen. Aus dieser Zeit stammen angeblich die chinesischen Fischernetze, eines der Wahrzeichen Kochis. Angeblich werden mindestens sechs Männer gebraucht, um die schwere, zehn Meter hohe Holzkonstruktion zu bewegen.

Auch arabische und jüdische Händler suchten ihr Glück in Keralas Kochi. Sie siedelten sich seit dem 15. Jahrhundert in Mattancherry an, das südlich des von den Portugiesen errichteten Fort Kochi liegt. Mattancherry wird auch „Jew Town“ genannt. Die Paradesi Synagoge in Mattancherry ist immer noch aktiv, obwohl heute mehr Touristen als Gläubige zu ihren Besuchern zählt. Von den Juden, die sich im Mittelalter an der Malabarküste in Kerala in Kochi und dem benachbarten Ernakulam angesiedelt haben, sind die meisten inzwischen nach Israel ausgewandert.

Synagoge in Kochi Leider habe ich kein Glück mit dem Besuch der Synagogen. Foto: Alexandra Lattek

Ich habe leider Pech und stehe an zwei aufeinanderfolgenden Tagen vor verschlossenen Türen. Ein jüdischer Feiertag. Und am nächsten Tag plötzlich wieder. Schade, ich hätte gerne nochmals einen Blick hinein geworfen in diesen von außen so schlicht wirkenden Bau. Die imposanten Leuchter, die man aus Belgien importiert hat, und die farbenfrohen chinesischen Fliesen waren mir von meinem Besuch in Kochi vor einigen Jahren noch gut in Erinnerung geblieben.

Stattdessen bummle ich durch die vielen Antiquitätenläden in den angrenzenden Straßen und überlege, wie ich eine der alten Holztüren oder Kommoden nach München schaffen könnte, ohne ein Vermögen auszugeben. Auf dem Rückweg nach Fort Kochi statte ich noch kurz dem Dutch Palace einen Besuch ab. Dieser war übrigens ursprünglich ein portugiesischer Palast – die Portugiesen hatten ihn gebaut, um sich die Gunst des Rajas von Kochi zu erkaufen. Als die Holländer die Vorherrschaft über Kerala und Kochi übernahmen, tauften sie den Palast, der wie ein typisches Herrschaftshaus im keralischen Stil erbaut ist, kurzerhand um.

kerala kochi So bunt wie die Gewänder der Menschen hier ist auch das kulturelle Erbe – was für Indien Mumbai ist, ist für Kerala Kochi! Foto: Alexandra Lattek

bei den Großhändlern in Mattancherry

Der Gewürzgarten Indiens ist ohne Zweifel Kerala, Kochi ist der Marktplatz. Viel interessanter als die alten Holzdecken und die Wandgemälde aus dem indischen Heldenepos Ramayana, die es im Dutch Palace zu sehen gibt, finde ich das Treiben in der Bazaar Road Richtung Fort Kochi. Der Name der Straße ist Programm. Hier wird gekauft und verkauft. Doch anstatt der für indische Bazare typischen Stände mit Blumen, Obst, Gemüse und Haushaltswaren wird hier im großen Stile gehandelt. Hauptsächlich mit Gewürzen. Aber auch mit Reis, Zwiebeln und Kartoffeln. Großhandel.

Die Schilder an den alten Handelshäusern weisen darauf hin, dass die Familie Bharat oder die Familie Kaycee hier schon seit 150 Jahren Handel treibt. Einige der Häuser sehen so aus, als ob sie auch seit 150 Jahren nicht mehr renoviert wurden, doch dies gibt ihnen wiederum einen gewissen Charme. Im offenen Erdgeschoss sitzen die Besitzer vor Listen und Taschenrechnern. Einige machen auch ein kleines Schläfchen. Wenn jemand etwas möchte, wird er schon anrufen oder sich bemerkbar machen. Auf der Straße warten die LKW zum Beladen. Von Kerala, dem Gewürzgarten Indiens, wird das ganze Land mit Chilis, Zimt, Kurkuma und Kardamon beliefert. Einige kleine Päckchen wandern auch in meinen Rucksack. Ich freue mich schon, wenn ich nächste Woche mit frischem Kardamon, der wahrscheinlich in Thekkady gepflückt wurde, zu Hause kochen kann.

Marktplatz kochi Die Waren werden hier meist nicht in kleinen Tüten, sondern in riesigen Säcken verkauft. Foto: Alexandra Lattek

Ich genieße das besondere Flair dieser Stadt. Obwohl ich bereits zum zweiten Mal in Kerala und Kochi bin, verliere ich mich in der kolonialen Atmosphäre von Fort Kochi, dem geschäftigen Treiben in Mattancherry und bei den chinesischen Fischernetzen. Ich beobachte, wie die beiden Frauen der städtischen Reinigung, die ich in ihrer Mittagspause beim Eisessen fotografiert habe, mit dem Fischhändler den Preis für den Fang des Tages verhandeln. Wie die lokalen Touristen ehrfürchtig das Grab von Vasco da Gama in der St. Francis Church bestaunen. Wie ein Fotograf verzweifelt versucht, die Abschlussklasse einer Jungenschule vor dem Bishop’s Palace so zu positionieren, dass auch alle Arme und Köpfe auf dem Bild sind.

DSC_2643 Foto: Alexandra Lattek

 

Cafés, Galerien und grüne Oasen

Eine kleine, überschaubare Stadt – die jedoch noch viel mehr zu bieten hat, als die klassischen Sehenswürdigkeiten. In Kochi hat sich in den letzten Jahren eine immer bedeutendere Kunstszene entwickelt. So haben sich neben dem Kashi Art Café – meinem Lieblingscafé, das nicht nur eine hervorragende Küche hat, sondern exzellente Ausstellungen – in Fort Kochi eine ganze Reihe von Galerien angesiedelt, oftmals in Verbindung mit einem Café und einem kleinen Geschäft, in dem man Kleidung und Dekogegenstände lokaler Designer kaufen kann.

Wenn man das Gefühl hat, eine kleine Auszeit zu brauchen vom sonst recht hektischen Indien, kann man in den meist mit einem Garten oder Innenhof ausgestatteten Galerie-Cafés bei einem leckeren Minz-Smoothie oder einem Cappuccino einfach mal durchschnaufen. Denn das gehört auch zum Reisen dazu.

Kerala kochi Und nun mit einem letzten Blick auf die Fischernetze geht meine Reise in Kerala Kochi und in ganz Indien zu Ende (Credit: Ankur Khanna – Unsplash)

Last exit Kochi – die Reise ist zu Ende

Nach Kerala ist Kochi übrigens die letzte Station meiner vierwöchigen, wunderbaren, unvergesslichen Reise mit India Someday. Ich werde euch hier auf dem Blog jedoch noch ein Weilchen erhalten bleiben – und in den kommenden Wochen berichten, was man auf einer Reise durch Südindien auf keinen Fall versäumen sollte, ob es sich lohnt, den Süden des Landes auch zur Regenzeit zu bereisen, welche Spezialitäten Ihr Euch bei einem Trip durch Kerala und Tamil Nadu und einem Besuch in Bombay nicht entgehen lassen dürft und vieles mehr. Schaut euch doch noch ein wenig auf dem Blog um!

indienreise Meine Liebe für Indien wird mich immer wieder in dieses faszinierende Land führen und meine Sinne betören. Foto: Alexandra Lattek

Na, regt dieser wundervoll bildhafte Bericht nicht gleich zum Träumen an? Zum Träumen von einer Reise nach Indien, nach Kerala und Kochi? Schreibt uns und wir helfen euch, eine Reise zu planen, die eure Träume wahr werden lässt.

Harsh Sonawala

About Harsh Sonawala

Harsh Sonawala ist der Mitbegründer von India Someday und reist seit seiner Kindheit in Indien und dem Rest der Welt herum. Zu reisen und seine Erfahrungen mit anderen zu teilen waren die Beweggründe für die Gründung von India Someday. Wenn man Harsh nicht in seinem Büro findet, wo er an neuen Marketingkampagnen herumtüftelt, dann ist er in den Andamanen am Tauchen oder in einem Chalet im Himalaya am Entspannen.

Wir bei India Someday lieben es Menschen für das Reiseland Indien zu begeistern. Unser Deutsch-Indisches Team hat den Subkontinent bereits mehrmals von Norden nach Süden und Westen nach Osten bereist und teilt mit Leidenschaft Tips und Erfahrungen. Wir helfen bei der Auswahl der Reiseziele, Route und Reisezeit und können somit hoffentlich auch euren Traum von ‘India Someday’ zur Wirklichkeit machen. Viel Spaß beim Stöbern!

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2 responses to “Das Highlight jeder Reise nach Kerala: Kochi
  1. zeigt dass multikulti in so unterschiedlicher Form auch friedlich sein kann! schön zu sehen … und nicht nur die Fotos 🙂 LG Jenny

  2. Liebe Jenny, vielen Dank für Deinen Kommentar! Ja, Kochi ist wahrlich multikulti. Ein Ort, der mich auch bei meinem zweiten Besuch gefesselt hat. Kerala ist sowieso eine Reise wert! Ein frohes neues Jahr mit hoffentlich vielen, schönen Reisen! LG, Alexandra