Bloggerin Alexandra Lattek scheut weder lange Reisen noch die Reiseziele, die viele sonst auslassen. Dazu gehört auch Bangalore in Indien. Sie berichtet euch bildhaft von dieser interessanten Stadt und räumt mit den Vorurteilen, dass die Stadt nichts zu bieten habe auf! Wenn ihr euch selbst auch eine abenteuerliche Reise begeben wollt, dann schreibt uns und wir machen es möglich!
Bangalore in Indien – oder vielmehr Bengaluru, wie die Stadt seit 2006 heißt – habe ich auf meinen bisherigen Reisen immer vernachlässigt. Meine einzige Erfahrung beschränkte sich auf den Bahnhof Bangalore Cantonment, an dem ich den Zug wechseln musste auf dem Weg von Mysore nach Hospet. Für mich war Bangalore bislang immer nur eins: Standort multinationaler Unternehmen, die hier Software entwickeln lassen oder Call-Center betreiben.
Eine Stadt, die kaum fassbar erscheint – daher mache ich auf zu einer Erkundungstour, um selbst zu sehen, was es mit Bangalore auf sich hat
Von meinen Kollegen, mit denen ich lange in einem dieser Konzerne zusammengearbeitet habe und die es als „Expatriat“ vorübergehend nach Bangalore verschlagen hat, hörte ich immer nur eins: Verkehrschaos und eine unzureichende Infrastruktur für die durch den IT-Boom auf stolze acht Millionen Einwohner angewachsene Stadt. Die meisten meiner indischen Kollegen fühlten sich jedoch wohl hier, sie hatten einen Fahrer, der sie durch den unüberschaubaren Verkehr kurvte, trugen westliche Klamotten und gingen in italienischen Restaurants essen.
Shoppen und essen, das kann man tatsächlich gut in Bangalore. Auf unserem Abenteuer haben wir zugegebenermaßen einen guten Teil unseres Aufenthalts in Bangalore damit verbracht. Denn nach Bangalore kommt man nicht in erster Linie zum Sightseeing – Sehenswürdigkeiten sind rar gesät. Als Tourist verschlägt es einen entweder hierher, um während einer längeren Reise durch den Süden Indiens ein wenig westlichen Komfort zu genießen, oder die guten Verkehrsanbindungen und die geografisch günstige Lage der Stadt zu nutzen.
Bangalore liegt ziemlich genau in der Mitte zwischen der Ost- und Westküste Indiens. Wenn man wie meine Co-Bloggerin Aminata und ich vor allem mit Bus und Zug in Südindien unterwegs ist, eignet es sich hervorragend als Zwischenstopp, wenn man nicht unbedingt 15 oder 20 Stunden am Stück im Zug sitzen will. Ami und ich haben auf unserem Weg von Mysore nach Pondicherry zwei Nächte hier verbracht.
Shopping Malls gibt es hier an jeder Ecke und lässt uns fast vergessen, dass wir in Indien sind. Foto: Alexandra Lattek
„Eat & shop until you drop“ – i-Bar, Hard-Rock-Café und UB City
„i-Bar, please. At The Park. Park Hotel.“ „i-Bar? Park Hotel? No, Ma’am.“ Diesen Ping-Pong-Ball werfen wir uns ein paar Mal mit den Rikschafahrern in der St. Marks Road hin und her. Keiner scheint das The Park und die i-Bar zu kennen, obwohl es nach unseren Recherchen in einem Online-Stadtmagazin zu den Top-3-Ausgeh-Locations in Bangalore in Indien gehört. Vielleicht liegt es darin, dass die Jeunesse Dorée der Stadt nicht mit der Rikscha vor den It-Bars vorfährt.
Irgendwann findet sich ein Fahrer, der tatsächlich schon mal etwas vom Park Hotel gehört hat. Leider sind wir die einzigen in der stylischen Bar, aus der uns ein eiskalter Luftstrom und Bum-Bum-Bässe entgegenwehen. Die Kellner langweilen sich und freuen sich über Kundschaft. Wir wären auch gerne da geblieben, abgesehen von der überdrehten Air-Condition ist die i-Bar wirklich eine tolle Location, mit Zugang zur Terrasse und dem Pool des Hotels. Aber den Abend in einer menschenleeren Bar zu verbringen? So haben wir uns das sagenumwobene Nachtleben in Bangalore nicht vorgestellt. Außerdem wollen wir auch etwas essen und hier gibt es nur Snacks. Sind wir einfach nur zu früh? Oder liegt es daran, dass es Montag Abend ist und nicht Wochenende?
Selbst der Blick auf den Pool kann uns nicht davon überzeugen hier alleine zu sitzen. Foto: Alexandra Lattek
Zurück auf der MG Road treffen wir zufällig auf einen Franzosen, der in Bangalore arbeitet. Er empfiehlt uns, zur UB City zu fahren. Das ist Indiens erste Luxus-Shopping-Mall. Neben sämtlichen Designermarken, die man sich nur vorstellen kann, lockt eine Plaza mit internationalen Restaurants. Und eine Bar im 13. Stock. Also auf zu UB City. Was, nur 30 Rupien? Klasse, wir haben Glück mit unserem Rikschafahrer. „First we go to my friend’s shop!“ Zu früh gefreut. „No shopping. UB City. Please.“ „First we go to the shop. Only looking.“ Unsere Argumente, dass wir sowieso nichts kaufen wollen, stören ihn nicht. Wir haben Hunger und steigen aus. Kein Shopping in irgendeinem Schmuckgeschäft von irgendeinem Freund.
Der nächste Rikschafahrer bringt uns ohne Umwege an unser Ziel. Ich staune wieder einmal über die Gegensätze in diesem Land. UB City, Luxus pur. Hinter diesem pompösen, verspiegelten Konsumtempel kann sich jedes Einkaufszentrum in Deutschland verstecken. Ein livrierter Portier zeigt uns den richtigen Aufzug. Alles glänzt und leuchtet, die Fliesen der Böden und Wände sind frisch poliert. Auf der Plaza strömen uns verschiedenste Essensgerüche in die Nase, belgische Waffeln, italienische Holzofenpizza. Chili con carne. Zwar liebe ich indisches Essen, doch zwischendurch finde ich es eine angenehme Abwechslung, auch mal Pasta oder Pizza anstatt Reis, Daal und Chappati zu essen.
Man sollte jedoch aufpassen, wo man landet. Unser Mittagessen in einem Café in der Nähe unseres Hotels in der der St. Marks Road war leider der Totalreinfall. Anstatt knusprigem Boden aus dem Holzofen landete eine Tiefkühlpizza aus unserem Teller. Und die Spaghetti Pesto ertranken in einer grünen, cremigen Soße. Das Café gehört offenbar nicht zu den Top-Restaurants der Stadt. Wir entscheiden uns für mexikanisch. Und werden nicht enttäuscht. Es fühlt sich zwar ein wenig komisch an, in Indien Burritos und Enchilada zu essen, aber den indischen Gästen um uns herum scheint es auch hervorragend zu schmecken. Zum Nachtisch gönnen wir uns noch eine Portion Churros, mit Zimt überzogen. Lecker!
Solch ein Luxus lässt Indien nicht erwarten – aber wir sind immer für eine Überraschung zu haben (Credit: Ashwin Kumar – Flickr)
Nach unserem Dinner wollten wir den Abend noch in der Skybar ausklingen lassen. Als wir im 13. Stock aus dem Lift steigen, ruft uns der Türsteher entgegen, dass man gleich schließe. Es ist doch erst 22.00 Uhr? Für eine Bar sind das aber komische Öffnungszeiten. Wir hatten im Vorfeld wohl nicht ordentlich recherchiert: 2008 hat die konservative Lokalregierung den Bars und Clubs der Stadt eine Sperrstunde auferlegt. Und ein Tanzverbot. Man befand, das rhythmische Bewegen zu Musik sei anrüchig und würde zum Verfall der Sitten beitragen. Ebenso die zunehmende Vergnügungssucht der jungen Bangalorianer, die ihr in den IT-Firmen verdientes Geld in den zahlreichen Pubs, Bars und Clubs der Stadt in Alkohol investierten.
Man lässt uns dann doch noch auf einen Absacker hinein, weißt aber noch einmal darauf hin, dass man um 22.30 schließe. Für einen Fresh Lime Soda sollte es noch reichen. Mit dem Tanzverbot nimmt es das Dutzend Geschäftsleute, das in einer Ecke der Terrasse die Hüften schwingt, nicht so genau. Wie ich später lese, wurde das Tanzverbot vor einiger Zeit etwas gelockert und in der Stunde vor Toreschluss drücken die meisten Barbesitzer die Augen zu. Wir schauen dem Treiben zu und genießen derweil den Ausblick über die Stadt. Und die frische Luft, denn in Bangalore herrscht im Vergleich zum restlichen Südindien ein angenehmes Klima. Die Stadt liegt nämlich auf gut 1.000 Meter, in den Ausläufern der Western Ghats. Und verfügt über zahlreiche grüne Parks, die für ein wenig Luftaustausch sorgen, aber ansonsten in unseren Augen recht trist anmuten. Wir befinden, der Cubbon Park kann weder mit dem Englischen Garten in München noch mit dem Jardin du Luxembourg mithalten. Dies aber nur am Rande.
Wir haben Glück und dürfen in der Skybar noch einen letzten Drink schlürfen
Während unserer zwei Tage in Bangalore können wir natürlich nicht alle empfohlenen Restaurants ausprobieren. Vor unserer Weiterreise landen wir – ich traue es mich kaum zu sagen – im Hard Rock Café. Ja, Hard Rock Café. Dass ich in Indien einmal eine solche Lokalität aufsuchen und dann auch noch einen Hamburger aus Rindfleisch essen würde, hätte ich mir bis vor kurzem nicht vorstellen können. Normalerweise mag ich solche Ketten überhaupt nicht. Und Fleisch esse ich in Indien eigentlich auch nicht, vor allem kein Rind. Das gibt es sowieso höchst selten. Das Hard-Rock-Café in Bangalore gehört jedoch zu den angesagtesten Locations der Stadt. Nicht nur wegen seines hervorragenden Essens – außer Burger gibt es auch Salate, hervorragende Desserts und einige asiatische Gerichte – sondern wegen seiner stilvollen Einrichtung und dem historischen Gebäude, in dem es untergebracht ist. Das steinerne Gebäude mit den hohen Gewölbedecken beherbergte einst eine Bibliothek. Auf den Kauf der Merchandisingprodukte des Hard Rock Cafés verzichten wir, auch wenn das aufmerksame Personal uns mehrfach auf die Einkaufsmöglichkeiten im Lokal hinweist.
Vielleicht nicht gerade das Indien, das ich mir vorgestellt hatte, aber dennoch einen Besuch wert. Foto: Alexandra Lattek
Auf den Spuren von Tipu Sultan
Die ein oder andere Sehenswürdigkeit gibt es dann doch in Bangalore in Indien. Wer sich für die Hare Krishna-Bewegung interessiert, kann den Sri Radha Krishnar Mandir besichtigen. Oder fährt raus zum Bull Tempel, der für seine riesige Statue des Reittier Shivas (Nandi) bekannt ist. Als ich lese, dass der Weg zum Tempel mit Schlangenbeschwörern gepflastert ist, verzichte ich … Stattdessen begeben wir uns nochmal auf die Spuren des Muslimherrschers Tipu Sultan, den wir schon in Mysore und Srirangapatnam besucht haben. Der Sommerpalast in der Nähe des Hauptbasars ähnelt dem in Srirangapatnam, ist jedoch weniger prachtvoll. Wir verbringen dennoch einige Zeit dort, schlendern durch die Gänge mit den dicken Holzsäulen und werfen einen Blick auf den benachbarten Hindu-Tempel. Eine kleine Oase der Ruhe, bevor wir uns zu Fuß Richtung Basar und Freitagsmoschee begeben.
Eine wahre Freude ist die angenehme Ruhe zwischen den Säulen des wunderschönen Palastes. Foto: Alexandra Lattek
Termin bei den Straßenzahnärzten vor der Jama Masjid
So modern sich Bangalore im Dunstkreis der großen Shopping Malls und Luxushotels gibt, so traditionell ist das Treiben rund um den City Market und die Jama Masjid, die Freitagsmoschee. Auf dem Weg zur Moschee sind wir offenbar in der Schuhstraße gelandet, auf dem Boden hocken unzählige Händler mit riesigen Haufen von Turnschuhen und Sandalen, die auf neue Besitzer warten. Schon von weitem sehen wir die weißgetünchte Moschee, ein riesiges Gebäude. Auf den Straßen rund um die Moschee herrscht ein Chaos aus Bussen, schwer beladenen Ochsenkarren, Rikschas, Mopeds, Maiskolben- und Fresh-Lime-Soda-Verkäufern. Der Platz vor der Moschee scheint zudem eine Hochburg für Zahnärzte zu sein. Wir entdecken direkt zwei „Street Dentists“, die ihre Patienten in ihrem Open-Air-Behandlungszimmer ein neues Gebiss oder eine Füllung verpassen. Nicht nur wir schauen neugierig zu, Arzt und Patient werden von Dutzenden Schaulustiger umringt. Incredible India.
Stolz zeigt uns der behandelnde Arzt die Zähne seines Patienten. Foto: Alexandra Lattek
Fazit – Kein „Must See“, aber angenehme Abwechslung bei längerer Indienreise
Bangalore in Indien – Top oder Flop? Das ist hier die Frage. Auf einer Indienreise muss man nicht unbedingt in Bangalore gewesen sein. Ich bin trotzdem froh, dass ich diese Stadt, die ich bislang nur vom Hörensagen und als Wirtschaftsstandort kannte, endlich einmal persönlich kennengelernt habe. Bangalore ist wie die meisten indischen Metropolen ein wenig „schizophren“ – Luxus-Shopping-Malls versus Basar, Holzofenpizza im Nobelrestaurant versus fetttriefender Samosas von einem Straßenkoch, Audi A8 versus Ochsenkarre, Designerkleid versus Sari. Es sind genau diese Kontraste, die Indien für mich so interessant machen. Und die auch Städte wie Bangalore für mich zu einem interessanten Ziel machen.
Die Jama Masjid im Herzen des Marktes thront in ihrem Weiß über dem Chaos. Foto: Alexandra Lattek
Seid ihr nun auch gespannt, diese Gegensätze zu sehen, die deutlich machen wie Bangalore Indien repräsentiert? Dann schreibt uns einfach und wir helfen euch eine tolle Reise zu planen, in der ihr sowohl Luxus als auch Markttreiben bestaunen könnt.
Wir bei India Someday lieben es Menschen für das Reiseland Indien zu begeistern. Unser Deutsch-Indisches Team hat den Subkontinent bereits mehrmals von Norden nach Süden und Westen nach Osten bereist und teilt mit Leidenschaft Tips und Erfahrungen. Wir helfen bei der Auswahl der Reiseziele, Route und Reisezeit und können somit hoffentlich auch euren Traum von ‘India Someday’ zur Wirklichkeit machen. Viel Spaß beim Stöbern!
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